Zu den Ochseninseln und zurück

  • Als wir im Sommer 2008 unseren Segelschein in der dänischen Südsee machten war uns klar, dass wir irgendwann mit einem eigenen Boot in diesen Gewässern unterwegs sein wollen.
    Natürlich mit einem möglichst großen Boot.
    Dieser Wunsch - oder diese Träumerei - ließ viele Fragen unbeantwortet und überlagerte die Realität. Was ist mit einem Liegeplatz? Was ist, wenn man auch einmal im Süden segeln möchte? Wer kümmert sich während unserer Abwesenheit um das Boot?
    All diese Fragen konnten mit einem trailerbaren Boot zumindest zum Teil beantwortet werden. Die zu diesem Zeitpunkt ständig wachsende Bekanntheit von Stephan "Digger" Boden und seiner Varianta 18 "Digger" von Dehler (bzw. Hanse Yachts) brachten uns auf die Spur dieses besonderen Bootes: 18 Fuß lang, eine lange Tradition als "Rotkäppchen", eine große Fangemeinde die sich im VA18-Forum virtuell trifft und austauscht (http://www.VA18.de). Nicht zuletzt ging es auch um den Preis: Die VA18 ist ein erschwingliches Boot, geeignet für Daysailing und Wochentörns für eine Crew aus 2-3 Seglern.
    Und so waren wir im Sommer 2015 zum ersten Mal mit unserer AMBATA ab Sønderborg unterwegs. Nach einem Winter des Aus- und Umbaus auf der Bootswerft Schleswig bei Bastian Hauck mit dem eigenen Boot Richtung Dänemark! Liegeplatz in der Marina Sønderborg, Sommerhaus am Vemmingbund Strand. Wunderbar!
    Allerdings sind wir im August immer nur zu Tagestouren unterwegs gewesen. Ins Vemmingbund oder ins Høruphav gesegelt, am Schloss vorbei und im Stadthafen festgemacht - das musste fürs Erste genügen. Erst im September sind wir zu einer Männertour aufgebrochen, um die Ochseninseln zu finden - und lieben zu lernen.
    Nachdem AMBATA nach dem Sommerurlaub wieder ausgekrant wurde war die erste Tätigkeit im Herbst also wieder Einkranen, Aufriggen und alles abreisefertig verpacken und verstauen. Noch am gleichen Tag ging es los nach Høruphav Havn - nur ein kurzes Stück, aber wir wollten auf jeden Fall los. Leider war kaum Wind, sodass unser Außenborder seine riesigen 3,5 PS unter Beweis stellen konnte. Italienische Pasta mit einem Glas Rotwein unter dem Sonnensegel markierten das Ende eines wunderbaren ersten Tages.
    Der nächste Morgen empfing uns abermals windstill. Also die erste Meile wieder unter Maschine losgezogen. Aber noch am frühen Vormittag frischte es auf, sodass wir zum ersten Mal vor Sønderborg die Segel setzen konnten. Dieser Moment, in dem das Knattern des Motors durch das Gurgeln des Wassers an Rumpf und Ruder abgelöst wird gehört zum schönsten Erlebnis beim Segeln. Unser Ziel für die Mittagspause waren die Bojen im Vemmingbund, die wir nach einer knappen Stunde auch erreichten. Bei schönstem Sonnenschein konnten wir die Möwen im flachen Wasser sowie die sanften Bewegungen von AMBATA im leichten Wellengang beobachten und genießen.
    Das Tagesziel aber war die Marina in Minde. Nach einem kurzen Nickerchen also wieder los - und zwar ohne Maschine. Ablegen ohne Motor macht unheimlich Spaß und das Manöver gelang uns auf Anhieb. Bei konstantem bis leicht auffrischendem Wind aus Nordost ging es mit flotter Fahrt um Gammelmarks Klint herum und in die Flensburger Förde hinein. Aufgrund des westlichen Kurses, der nun anlag waren wir teilweise komplett vor dem Wind unterwegs - mit einem 18 Fuß Boot in der Förde wahrlich kein Spaß. Wenn die Wellen schneller als die Fahrt sind, die das Boot macht, und unter den 5,5 m GFK hindurchrollen braucht es Geduld - und diese wurde belohnt. Der Förde folgend fiel der Wind bald wieder von Steuerbord aus ein und das Schiffchen kam wieder in Fahrt. Kurz vor der Hafeneinfahrt wurden wir dann noch vom Zollboot "Holnis" überholt, was aufgrund des offenen Spiegels zu nassen Füßen und Schoten geführt hat: Der Schwell des Motorschiffes stieg bei uns ein, und nur durch beherztes Zugreifen konnten Fernglas und Seekarten vor dem Fördewasser gerettet werden (Was liegt das Zeug auch am Cockpitboden rum!?) Ein milder Abend mit einem traumhaften Sonnenuntergang entließ uns in eine ruhige Nacht.
    Als die Sonne am nächsten Tag aufging lag die Förde spiegelglatt um die Boote in der Marina. Es war so windstill dass man beim Blick auf die Spiegelbilder der Boote und Masten im Wasser oben und unten hätte verwechseln können. War etwa schon wieder motoren angesagt? Nein, denn nach einer Laufeinheit Richtung Sønderborg und einem ausgiebigen Cockpitfrühstück briste es auf. Zwar nicht viel, aber es reichte zum Segeln. Mit 2,5 kn ging es westwärts Richtung Ochseninseln.
    Wir hatten im Vorfeld Bilder der Ochseninseln aus der Luft gesehen, natürlich bei bestem Wetter aufgenommen, und heute war genau so ein Tag. Aus Osten kommend kann man die Inseln zunächst gar nicht im Detail ausmachen - viel zu sehr verschmelzen sie mit der bis direkt ans Ufer reichenden Bewaldung der Förde. Erst mit geringem Abstand erkennt man die große und die kleine Ochseninsel, erst spät den tiefliegenden Steg westlich der großen Insel. Nach einem unspektakulären Landfall betraten wir das Eiland - und waren begeistert, hingerissen und sofort verliebt. Ich wohne zurzeit in Bayern und Bayern wird vom amtierenden Ministerpräsident gerne als die "Vorstufe zum Paradies" bezeichnet. Dazu kann ich nur sagen: Wer das behauptet war noch nie auf den Ochseninseln! Begriffe wie Kleinod, Geheimtip oder verwunschener Ort kommen einem in den Sinn und wenn man den "Höhenweg" einmal um die Insel macht kann man von vielen Aussichtspunkten die Weite und den Horizont genießen - trotz der gleichzeitigen Nähe von Dänemark und Deutschland. Ein kühles Bier, ein großer Kaffee, ein Schnack mit Rüdiger - schon mussten wir wieder los, denn das Ziel zum Übernachten war Langballigau.
    Welche Enttäuschung dort festzumachen: Überfüllt, laut, eng und ein pragmatisches und an viele Touristen angepasstes Angebot an Restaurants - das muss man nicht gesehen haben. Aber es wurde dunkel, wir hatten Hunger und standen - glücklicherweise - noch immer unter den schönen und nachhaltigen Eindrücken unserer Inseltour. Trotzdem: Es ist ein Hafen, aus dem wir am nächsten Morgen gerne wieder ausgelaufen sind.
    Diesmal mit frischer Brise aus Ost. Wir haben konstant 4, in Böen 5 Bft gemessen. Endlich Wind um die Kleine mal richtig auszufahren! Und wie sie das gemacht hat: Trotz des geringen Tiefganges von nur 80 cm, aber mit für die Größe des Bootes ordentlich Tuch am Wind knackten wir kontinuierlich die 6-kn-Marke! Rudergänger und Vorschoter auf der hohen Kante - "nur aufrecht segelnde Boote sind schnell segelnde Boote" - brachten das notwendige Gewicht nach Luv. Natürlich gingen bei diesem Speed auch die Wenden spielend von der Hand und so konnten wir Langballigau schon bald nicht mehr achteraus erkennen. Am Ausgang der Förde legten wir Kurs Sønderborg an, denn es sollte nochmal zum Stadthafen zum Souvenier-Shoppen gehen. Die wunderschöne und fußläufig leicht erreichbare Fußgängerzone von Sønderborg empfing uns dann auch mit der dänischen Gelassenheit, die wir so sehr lieben bei Land und Leuten. Ein Kaffee in der Sonne (zuhause im Süden Deutschlands musste bereits geheizt werden), ein kleiner Spaziergang zur Christian IX Brücke und zurück zum Boot waren das Abschlussprogramm, bevor wir uns in die Marina von Sønderborg verholten. Auch hier konnten wir einen wunderschönen Sonnenuntergang erleben und das letzte auf dem Campingkocher zubereitete warme Essen genießen.
    Abriggen, auskranen, heimfahren - das alles passierte noch an einem Tag und spät in der Nacht kamen wir etwas nördlich von München dann zufrieden und wohlbehalten zuhause an.
    Kein großer Törn? Nur wenig Meilen im Kielwasser gelassen? Nicht weit herum gekommen?
    Alles stimmt. Aber das war nicht das Ziel. Ein Ziel waren die Ochseninseln, ein anderes war gemütliches Kaffeesegeln. Dann wollten wir sehen, was die Lütte bei Wind drauf hat und wie weit man mit ihr gehen kann. Wir wollten für uns unbekanntes und neues Terrain erkunden. Wir wollten Entdecker, Eroberer sein - und zum Schluss und im Herzen waren wir das auch.
    Soviel zum Törn. Fehlt noch ein Satz oder zwei zum Boot. Hat es sich bewährt? Die Erwartungen erfüllt? Hat es uns den Einstieg schwer gemacht? Ja, ja und nein.
    Wir waren bisher immer nur auf gecharterten Dickschiffen unterwegs. Natürlich segelt man dann auch, aber Ihr werdet mir zustimmen, dass es mit dem eigenen Boot eine total andere Sache ist. Deshalb: die VA18 hat sich bewährt. Umgang, Gutmütigkeit, das Vermitteln eines Gefühls der Sicherheit - all das können wir ausschließlich positiv bewerten. Damit waren auch die Erwartung erfüllt: Im Sommer ein schneller und unkomplizierter Daysailer für die ganze Familie, danach ein ausreichend großes Kajütboot für die Männertour zu zweit. Schwierig war zunächst nur das Auf- und Abriggen. Da braucht man Übung und Erfahrung. Und eine gesunde Selbsteinschätzung. Denn selbst der Mast eines so kleinen Bootes ist von zwei Mann alleine einfach nicht aufzustellen - zum Schluss haben uns zwei dänische Segler geholfen und dann funktionierte es ohne Kran. Und trotz der kleineren Dimensionen von Fallen, Schoten und dem Fehlen von Winschen sind wir auf Anhieb mit ihr klargekommen.
    Insgeheim träume ich ja von einer Hallberg-Rassy 64, aber dieser Traum ist so weit weg, dass wir immer wieder gerne mit unserer VA18 losziehen. Und auch in diesem Sommer wird es wieder Süddänemark werden.
    Und wir werden berichten!

  • Danke Steffan,

    für den netten Törnbericht. Ich wünsche euch alles Gute
    auch für den bevorstehenden Schlag in die wunderschöne dänische Südsee.
    Bin schon gespannt, was du dann zu berichten hast.

    Liebe Grüße,

    Reinhard

    Segeln ist ein Wassersport - wer nicht nass werden will, sollte Schach spielen...

  • Weiß einer, weshalb die Forums-Software immer die Bildunterschriften vertauscht?
    Bei den letzten zwei Bildern ist es gerade umgekehrt als es drunter steht.
    Aber das hat der aufmerksame Leser/die aufmerksame Leserin bestimmt gemerkt ...

  • Hallo Stefan,

    auch wir sind gerne in der dänischen Südsee unterwegs. nächste Woche in der Lübecker Bucht, auch wir teilen deine Leidenschaft für dieses
    wunderschöne Revier.
    Ich segel die VA18 mit meinem nun 16 jährigen Sohn. Wir setzten den Mast zu zweit spielend in 10 Min schon seit mein Sohn 12 Jahre alt ist !
    wir stecken hinten eine teleskopierbare Maststütze ein. Diese gibt es in 2 Versionen bei FSA, dann verwenden wir einfach eine kleine Taillie die mein Sohn auf dem Vorschiff bedient, das wars !ich drück den Mast hoch und steige aufs Dach beim Setzten - ganz easy.
    Der Mast liegt dann auf der auf 250 cm ausgefahrenen Maststütze ! er steht dann schon im Winkel von 30 Grad. Beim Legen geht das umgekehrt auch ganz
    leicht.

    Gruß
    Fips

  • Hallo Fips,

    danke für Deine Anmerkungen.
    Das klingt ja superspannend und gleichzeitig easy - aus dem Maststellen haben wir bisher immer einen Riesen-Akt mit Mastenkran etcpp gemacht - siehe oben.

    Kannst Du mir folgende Fragen beantworten:

    - Wie groß bzw. stabil ist Deine Talje? Könnte man ggfs. die Großschotblöcke oder den Niederholer dafür verwenden?
    - An welcher Leine machst Du die Talje dann fest? Spi-Fall, Fock-Fall?
    - Hast Du die Wanten bereits locker angeschlagen, bevor Du aufheißt?
    - Wie ist dann der weitere Ablauf: Was wird wo befestigt und festgetüddelt?
    - Welche Stütze von FSA verwendest Du genau - die für knapp EUR 400,00?

    Sorry, wenn ich mich jetzt hier blöd anstelle, aber es ist ja wie in der Sesamstraße: Wer nicht fragt bleibt dumm...

    Schöne Grüße und einen schönen Sonntag, Stefan von AMBATA

  • Hallo Fips,

    nochmal kurz zum Maststellen und -legen von Hand: Wir haben das jetzt anlässlich unseres Trips in die Förde mal probiert.
    Und was soll ich sagen: Es funktioniert 1a und total easy going!
    Wir haben das zuvor auf dem Trailer zuhause noch ein paar mal probiert und dann hat der Ernstfall mit Boot im Wasser genauso gut geklappt wie die Trockenübung!

    Bei der Einweisung damals in Schleswig hat man es uns mit dem Mastenkran gezeigt, aber das wäre locker eine Stunde länger gegangen als diese wirklich einfache Variante.

    Und noch ein Wort zu Talje: Die braucht man aus meiner Sicht nicht. Auf der Plicht stehend bringt man den Mast auf jeden Fall über den kritischen Punkt so dass, in diesem Fall meine Frau, den Rest am Vorstag ziehend aufrichten konnte.

    Manchmal kann man sich wirklich auch anstellen und es kompliziert machen...

    Dann weiterhin eine schöne Saison, Handbreit, Stefan von AMBATA

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