Folge 9: Ausrüstungserfahrungen
So, gleich habt Ihr es geschafft, dies ist der letzte Artikel aus der Serie "Firlefanz auf großer Fahrt". Schonmal Danke fürs Lesen.
Es folgen noch ein paar streng subjektive Ausrüstungserfahrungen, die für den einen oder anderen VA18-Segler vielleicht als Anregung dienen können...
Komfort an Bord
Sonnensegel
Unverzichtbar für Törns in den warmen Süden. Schon zu Frühstückszeiten hatten wir meist 26°C im Schatten, an manchen Morgen nicht den leisesten Lufthauch, während die Sonne gnadenlos vom Himmel brennt. Wer es da noch ungeschützt im Cockpit aushält muss schon arg hart im Nehmen sein. Wir sind es nicht und waren über unseren Schattenspender sehr froh. Als netten Nebeneffekt schafft die Überdachung noch eine gemütliche Atmosphäre im Cockpit.
Aufgebaut ist das Teil auch ganz fix. Auf den Baum legen, ausrollen, mit ein paar Gummistropps und diesen schnell-klemm-clipsen (Link) befestigen und gut is. Am längsten dauert noch das vorherige Wegbinden der Lazy-Jacks.
Fazit: Klare Empfehlung, must-have
Fliegengitter
Gemeint ist so ein Teil, das sich mit Saugnapf an der Vorschiffluke befestigen lässt (Link). Sehr praktisch, sowohl für den eigentlichen Zweck der Mückenabwehr bei geöffneter Luke, als auch als Sichtschutz. Wir lagen immer mit der Nase zum Steg, Luke immer offen und es muss ja nicht jeder direkt auf das Chaos unserer Wohnhöhle schauen...
Fürs nächste mal benötigen wir noch eine Mückenabwehr für den Niedergang, da müssen wir uns über Winter mal etwas ausdenken...
Fazit: Empfehlenswert
Kühlbox
Ja, ja, wie war das noch? VA18, klein, simpel, spartanisch, nur das Nötigste. Und dann 'ne Kühlbox?! Aber Logisch! Wer mag denn schon ein warmes Anlegerbier? Somit ist dann noch eine Kompressorkühlbox in der Backskiste gelandet. Hält die Getränke schön kühl, sorgt für sichere Bevorratung von empfindlicheren Lebensmitteln und schafft ganz neue kulinarische Möglichkeiten. Mehr ist auch gar nicht zu sagen.
Fazit: Für Genussmenschen empfehlenswert
Wasser & Co.
Für einen gewissen Grad an Unabhängigkeit benötigt man eine Wasserversorgung. Diese haben wir über einen Faltkanister gelöst. Es gibt ja verschiedene Modelle und mein Tip ist: auf den Auslaufhahn achten. Unser erster Kauf hat nur ein dürres Rinnsal herausgelassen, das nervt total. Der Korrekturkauf hat einen echten Hahn, der die Spülschüssel dann auch in akezptabler Zeit befüllen kann. Apropos Spülschüssel: Eine Falt-Spülschüssel hat uns gute Dienste geleistet und verschwindet platzsparend in irgendeiner Ecke.
Für die Warmwasserbereitung nutzten wir einen elektrischen Wasserkocher. Solange Landstrom vorhanden ist (was zum Frühstück bei uns immer der Fall war) geht das deutlich fixer und bequemer als mit Gaskocher und Wasserkessel.
Wir haben noch einen Weithals-Kanister für Grauwasser dabeigehabt. Irgendwie fand' ich den Gedanken komisch, den Inhalt der Spülschüssel einfach so über Bord zu kippen...
Fazit: Soll jeder selber entscheiden, aber nach Möglichkeit vorher testen.
Navigation
T-41
Nein, wir hatten keinen russischen Panzer und auch keinen Terminator aus dem Hause Cyberdyne an Bord (auch wenn ich mir das angesichts mancher MoBos ab und zu gewünscht hätte).
Gemeint ist unser Instrumentensystem Triton T-41 von B&G. Wirklich brauchen tut das natürlich kein Segler, aber es macht schon Spaß und befriedigt meinen Spieltrieb. Kurz vor unserem Törn habe ich noch ein kleines weisses Zauberdöschen (Lowrance Point-1) an den Bus angeschlossen, welches die GPS-Position, Kurs und Geschwindigkeit über Grund, den Magnetkompasskurs und weitere interessante, wenn auch unwichtige Daten (wie z.B. Krängungswinkel) ins System liefert. Zusammen mit der guten grafischen Darstellung und der weitgehend freien Konfigurierbarkeit der Anzeige war das dann ein gern und sehr häufig genutztes Hilfsmittel zur Navigation.
Fazit: Für Technikfreaks empfehlenswert
Nachtrag: mir tut es ja immer sehr leid, wenn ich ein Loch in unseren Firlefanz bohren muss. Ich war deshalb auch überhaupt nicht davon begeistert, für das Zauberdöschen ein weiteres Loch bohren zu müssen. Denn eigentlich wäre der beste Platz dafür genau vorm Mast. Eigentlich. Gelandet ist das Teil jetzt in dem hinteren Verbindungstunnel zwischen den Backskisten. Das Teil mitsamt T-Connector und Terminator (nicht von Cyberdyne) auf ein Brettchen geschraubt und das Brettchen mit etwas Sikaflex unter Yoga-Verrenkungen im Tunnel platziert. Natürlich erst, nachdem ich den Einbauort getestet habe. Ich hatte negativen Einfluss auf die GPS-Signalqualität durch das GFK oder Störungen der Kursanzeige durch den nahen Elektromotor befürchtet. Aber is nich. Die Signalqualität lässt sich ja anzeigen und die Kursanzeige habe ich bei Motorfahrt mit unserem Steuerkompass verglichen. Was soll ich sagen? Funktioniert einwandfrei!
iSailor
Hierbei handelt es sich um eine Kartenplotter-App fürs Smartphone. Ich bin ja mehr der Papierkarten-Typ. Ich mag die Arbeit mit Papierseekarten sehr gerne und natürlich hatten wir auch einen kompletten Kartensatz an Bord. Der App stand ich eher skeptisch gegenüber, auf einem Tablet mag das ja noch Sinn machen, aber auf einem kleinen Handy-Display? Da die Kosten überschaubar sind (deutlich weniger als der Papierkartensatz, dafür die doppelte Abdeckung) habe ich mich dann doch zum Kauf entschieden. So als Backup-Lösung für den Notfall.
Am Ende kam es, wie es kommen musste. Die Papierseekarten wurden nur noch für die Planung herangezogen, unterwegs war die App das primäre Navigationshilfsmittel. Auf der VA18 sind die Bedingungen halt doch ein bisschen anders als auf dem Dickschiff. Mal eben kurz "nach unten" gehen und Navigation machen treibt meiner Frau den Angstschweiss auf die Stirn, da auf einmal reichlich ernährtes Luvgewicht fehlt. Wie einfach ist dagegen ein kurzer Griff zum Handy?
Planen macht auf dem Handy keinen Spaß, dazu fehlt einfach die Übersicht. Aber die Streckennavigation, der kurze Blick in die Karte, das hat richtig gut funktioniert.
Fazit: Empfehlenswert
Kompass
Ein Seeschiff braucht einen Steuerkompass. Basta. Schön wäre ein echter Kugelkompass für den Schotteinbau gewesen, aber Löcher sägen mag ich nicht. Deshalb haben wir uns einen abnehmbaren Hand-Peilkompass an das Schott geschraubt. Das ist dann halt die "kleine Lösung". Funktioniert leider nicht ganz ideal, da durch die Schottneigung die Ablesbarkeit leidet. Und ehrlich gesagt: gebraucht haben wir den Kompass kein einziges mal. Wir fahren ja nicht bei Nacht und die Distanzen erlauben einfache Sichtnavigation. Für den unwahrscheinlichen Fall des plötzlich aufkommenden "unsichtigen Wetters" und Ausfall der elektronischen Navigation, haben wir aber unserer Sorgfaltspflicht genüge getan. Und wie gesagt: ein richtiges Seeschiff...
Fazit: braucht man nicht unbedingt. (aber irgendwie dann doch...)
Sicherheit
Ausreitgurt
Meine Frau hat sich mehr Sicherheit auf der hohen Kante gewünscht. Da wir keinen Seezaun haben, mussten Ausreitgurte her. Mein PoS-Ansprechpartner hat mir einen Tipp für eine Lösung ohne Löcher-Bohren gegeben, welche wir dann auch umgesetzt haben:
Wir spannen ein Ausreitgurt-Polster von Sprenger mit zwei Leinen zwischen Maststütze und Auge für Großschotblock. Das hält die Sitzbänke frei, die Backskisten zugänglich und erspart das Bohren von Löchern. Die idealen Längen haben wir durch ausprobieren ermittelt und jetzt befestigen wir das vorbereitete Teil bei Bedarf mit zwei Softschäkeln. Funktioniert gut und gibt auf der hohen Kante tatsächlich mehr Sicherheit, insbesondere bei etwas Welle.
Fazit: Empfehlenswert
Funke
Es mag ein wenig übertrieben sein, aber ja, wir hatten eine Handfunke an Bord. Unser Winz-Boot ist tatsächlich eine eingetragene Seefunktstelle mit Zuteilungsurkunde, Rufzeichen und MMSI. Geboren wurde dieser Spleen aus Sicherheitsüberlegungen. Selbst meiner Tochter kann ich beibringen, welchen Knopf sie drücken soll "wenn irgendwas ganz ganz Schlimmes passiert ist". Das beruhigt ein wenig.
Gebraucht haben wir das Teil (glücklicherweise) nicht. Unterwegs haben wir einmal einen Urgency-Call empfangen (vermisster Taucher), bei dem wir aber nicht unterstützen konnten.
Fazit: Für Sicherheitsfanatiker eine Überlegung wert
Stauraum
Pantrybox
Eigentlich klar, wer seine VA18 halbwegs urlaubstauglich ausstatten möchte, kommt um die Pantrybox nicht herum. Optimale Ausnutzung des vorhandenen Stauraums, bequemer Einstieg, Ablagemöglichkeit und Cockpit-Tisch. Muss ich noch mehr schreiben?
Fazit: sehr empfehlenswert, must-have
Seitentaschen
Wir haben bei unserem PoS zwei Seitentaschen à 4 Fächer zur Montage an Stb. und Bb. bestellt. Bei unseren Binnensegeltagen landet da immer Kleinkram von Handy bis Autoschlüssel drin. Aber jetzt im Urlaubsmodus lernten wir die Taschen so richtig zu schätzen. Es sind halt die einzigen jederzeit und einfach erreichbaren Stauräume. Das hilft schon sehr.
Fazit: empfehlenswert
Sonstiges Geraffel
Poppi
Direkt nach dem Einkranen kamen Trümmi und Schotti in die Backskiste und kamen dort auch erst nach dem Auskranen wieder raus. Ist zwar traurig für die Beiden, da sie so gar nichts von Kroatien sehen durften, zeigt aber, wie zufrieden wir mit Poppi waren. Poppi hat Gewitterplatzregen, überkommendes Wasser und neugierige Blicke ohne Probleme abgehalten und ist deutlich ergonomischer als Trümmi und Schotti.
Fazit: Sehr empfehlenswert.
Gartenschlauch
Ja, richtig gelesen. Selbst daran haben wir gedacht. Eingesetzt wurde dieser zur regelmäßigen Bootsreinigung. Durch überkommendes Salzwasser bildet sich eine regelrechte Salzkruste. Das ist optisch nicht schön, kann man aber verschmerzen. Schlimmer ist, dass das Salz in Verbindung mit Feuchtigkeit so einen schmierig, rutschigen Belag bildet. Da macht der Weg übers Vorschiff keine Freude mehr. Das lässt sich natürlich auch mit Pütz und Feudel in den Griff bekommen, einfacher ist es aber mit dem Gartenschlauch.
Fazit: Für bequeme Sauberkeitsfanatiker empfehlenswert
Anker
Wir haben unsere VA18 vor zwei Jahren im Herbst zur Auslieferung zum nächsten Saisonstart bestellt. Der Winter dazwischen war geprägt von Vorfreude und Wartezeit, welche mit ausgiebigen Ausrüstungskauf-Orgien verkürzt wurde. Als ahnungsloser Anfänger bestellt man dann halt ein "Ankerset für ein 6m-Schiff" beim Ausrüster. Geliefert wurden dann: 30m Ankerleine, 5m Kettenvorlauf und ein 5kg Plattenanker. Das ist für unsere Binnenpfütze natürlich alles total überdimensioniert und ein einfacher Klappdraggen hätte es auch getan. Naja.
Für den Küsteneinsatz waren wir jetzt aber dankbar und das Ankerset erscheint mir keineswegs mehr überdimensioniert. Für unsere Badestopps haben wir (wie zuhause) den Kettenvorlauf nicht mit eingeschäkelt. Und da hatte ich manchmal bedenken. Je nach Schwell-Situation hat sich der Anker doch ein bisschen im Sandgrund vorgearbeitet, beim längeren Einsatz wäre der Kettenvorlauf unbedingt notwendig gewesen.
Vorschriftsgemäß hatten wir sogar einen Ankerball dabei. Da wir das Teil nun schon mitgeschleppt haben, wurde es auch regelmäßig eingesetzt. Damit waren wir vermutlich das einzige Schiff in ganz Kroatien...
Fazit: Ein "g'scheiter" Anker ist zwingend notwendig, der Ankerball darf auch zuhause bleiben.
E-Motor
Unter den Elektroantrieben ist der Torqeedo momentan alternativlos. Das Leistungsniveau geht über den reinen "Flautenschieber" deutlich hinaus und macht -mit Einschränkungen- eben auch "richtige" Törns ausserhalb von Binnenrevieren möglich. Aber eben dieser Einschränkungen sollte man sich bewusst sein. Bei Bedarf kann der Torqeedo auch gegen Welle und Strom gut anschieben, dies geht dann aber sehr deutlich zu lasten der Reichweite. Deshalb versteht es sich von selbst, dass wir immer mit einem zu 100% geladenen Akku gestartet sind. Zusätzlich haben wir darauf geachtet, ein geschütztes Ausweichziel immer in rund 3sm Entfernung unserer Route zu haben. Ich halte es für realistisch, diese 3sm auch unter widrigen Bedingungen mit einer Akku-Ladung anlaufen zu können, was ich aber deutlich als mein "Bauchgefühl" aufgrund der bisher gemachten Erfahrung darstellen möchte. Da steht keine Berechnung mit Leistungswerten und Akku-Kapazität dahinter.
Mir schwebt allerdings noch vor, ein 12V-Ladekabel zu basteln, um im Notfall auch noch den großen Bordakku anzapfen zu können. Der ist aus unserer Minn-Kota Zeit für die jetzige Bordelektrik eigentlich überdimensioniert und könnte so als Notfall-Reserve "für die letzte Meile" hinzugezogen werden.
Aber es dürfte klar sein: Fürs "Strecke machen" sollte man das Gerät nicht unbedingt heranziehen.
Fazit: Brauchbar, aber m.E. nur für diejenigen Segler, die auf Ihrer Binnenpfütze sowieso elektrisch unterwegs sind und nicht extra einen Benziner für den Urlaub anschaffen möchten.
Nachtrag: gebraucht haben wir den Motor nur für Hafen- und Ankermanöver, kurze Überführungen vom/zum Kranen, eine Flautenstrecke von rund 3sm und einmal als Hilfe gegen unerwartet heftigen Gegenstrom. Aufgrund seiner eingeschränkten Leistungen "erzieht" der E-Motor auch zum Segeln. Solange das Boot unter Segeln noch mit -sagen wir- 2kn vorwärts kommt (was bei der VA18 schon bei knapp über Windstille der Fall ist), macht es wenig Sinn, unter E-Motor mit 3kn Marschfahrt unterwegs sein zu wollen.